Redebeitrag* von Bruno Adam Wolf zum Thema "Archiv-, Depot- und Bürogebäude für den Fachbereich Kultur" zur Ratsversammlung am 26. März 2020 (Drs. 0640/2020 N1)
(Anrede)
Seit vielen, vielen Monaten diskutieren wir in der Ratspolitik darüber, wo und wie wir schnell zu einem geeigneten Depot für die städtischen Museen kommen. Zugleich geht es um die Frage, wo und wie künftig das von Raumnöten geplagte Stadtarchiv aufgestellt werden soll – das Gedächtnis unserer Stadt benötigt zum Erhalt historischer Dokumente besondere Bedingungen und soll für die Öffentlichkeit gut erreichbar sein.
Es ist sicher von Vorteil, wenn beide Projekte in einem Gebäude untergebracht werden können. Aber: Aus meiner Sicht bedarf es nicht unbedingt einer Zusammenführung der beiden Funktionen und ich sehe mich da in guter Gesellschaft, zum Beispiel mit Prof. Dr. Hans Otte, dem Vorsitzenden des Vereins „Freundeskreis Stadtarchiv Hannover“.
In der Ratspolitik hatten wir uns dann mit einer ungewöhnlich breiten Mehrheit von der CDU über die Ampelfraktionen bis zu unserer Ratsgruppe aus LINKEN und PIRATEN inhaltlich darauf verständigt, mehrere alternative Optionen vom Neubau über einen Kauf und Umbau bis zu einer Anmietung durch die Stadtverwaltung gleichberechtigt prüfen zu lassen. Doch die fachlich zuständige Dezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette nahm unseren politischen Willen offenbar nicht wirklich ernst.
Eine derartige Ignoranz gegenüber dem mit großer Mehrheit erklärten politischen Willen hat es schon lange nicht gegeben und wir reagierten am 13. Februar dieses Jahres mit einem Dringlichkeitsantrag unter dem Titel „Neubau, Anmietung oder Kauf eines Archiv-, Magazin- und Bürogebäudes“. Fünf Fraktionen sowie unsere Ratsgruppe haben der Verwaltung mit der Drucksache 0387/2020 einen klaren Auftrag erteilt, nämlich vor weiteren Schritten in Bezug auf eine Gesamtlösung sowie einer eventuellen Zwischenlösung mehrerer Punkte zu berücksichtigen:
Erstens soll ernsthaft geprüft werden, ob ein Neubau oder Kauf eines Gebäudes wirtschaftlicher als eine Anmietung mit erforderlichen Umbauten ist.
Zweitens soll ein möglicher Standort im gesamten Stadtgebiet gesucht werden und dabei die fußläufige Erreichbarkeit mit Bus und Bahn, also in einem Radius von ca. 200 Metern von einer Haltestelle, gewährleistet sein.
Drittens soll, sofern eine wirtschaftliche Realisierung des Gesamtvorhabens nicht möglich sein sollte, die Aufteilung in ein Archiv- und Magazingebäude neu bewertet werden.
Viertens sollen der Kulturausschuss sowie der Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten bei der Umsetzung dieses Auftrages einbezogen werden.
Dass die im Verantwortungsbereich von Frau Dezernentin Tegtmeyer-Dette stehende Gebäudeverwaltung drei Wochen später eine Drucksache mit der Nr. 0640/2020 vorgelegt hat, nach der erneut nur ein Anmietungsverfahren ausgeschrieben werden soll, ist genauso inakzeptabel wie die Tatsache, dass die benannten Ausschüsse der Drucksache zufolge lediglich in Kenntnis gesetzt werden sollten. Das, lieber Herr Oberbürgermeister, verehrte Frau Dezernentin, können wir nur als klaren Affront gegenüber der Ratspolitik werten. Da ist es ja nur eine Petitesse, dass nicht einmal unser ausdrücklich erklärter Auftrag, ggf. auch Bushaltestellen in den Erreichbarkeitsradius einzubeziehen, berücksichtigt wurde.
Uns liegt heute eine N 1 vor, also eine Neufassung der Drucksache. Am Freitag, den 13. März 2020, hat die Ratspolitik den Verwaltungsantrag einstimmig gestrichen und in einer gemeinsamen Sitzung des Kulturausschusses mit dem Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsausschusses der Dezernentin einen neuen Antragstext in das Auftragsbuch geschrieben.
Wir wollen eine ehrliche Wirtschaftlichkeitsprüfung zwischen Anmietung und Neubau. Und die fachlich zuständigen Ausschüsse sowie der Rat haben das abschließende Entscheidungsrecht. Punkt. Ende der Ansage. Ich hoffe sehr, Frau Tegtmeyer-Dette, dass Sie jetzt endlich den klaren politischen Mehrheitswillen akzeptieren und entsprechend handeln.
Danke schön!
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* Die Rede sollte in vorliegender Form gehalten werden, konnte aber angesichts der besonderen Sitzungsbedingungen in Zeiten der Coronavirus-Prävention nur zu Protokoll gegeben werden.