Stadt will Leistungen kürzen und Gebühren erhöhen Gewerbesteuer auf Talfahrt

Die Gewerbesteuereinnahmen der Landeshauptstadt brechen ein: Allein für dieses Jahr rechnet Kämmerer Marc Hansmann (SPD) mit 100 Millionen Euro weniger. Deshalb setzt die Stadt den Rotstift an und dreht an der Gebührenschraube. Geplante Kürzungen, die bisher durchgesickert sind, betreffen etwa Jugendprojekte. Verbände sorgen sich deshalb um Aktivitäten für sozial schwache Kinder. Sportvereine sollen mehr Geld für die Nutzung der städtischen Hallen zahlen. Steigen sollen die Gebühren in den Kindertagesstätten auch für Eltern mit geringerem Einkommen und die Eintrittspreise in den städtischen Bädern. Die Linksfraktion lehnt diese Politik auf dem Rücken der Hannoveranerinnen und Hannoveraner ab und zeigt Alternativen auf. „Wenn die Stadt eine moderne antizyklische Haushaltspolitik betreiben würde, gepaart mit dem Verzicht auf Prestigeinvestitionen, wären die Kürzungen und Gebührenerhöhungen nicht erforderlich“, betont Diplomvolkswirtin Helga Nowak. Die Finanzpolitikerin der Linksfraktion fordert im Herbst eine Sondersitzung des Rates zum Thema. Dann will sie auch erfahren, warum die Gewerbesteuereinnahmen auf Talfahrt sind. Denn Gewinneinbrüche sind bei den großen hannoverschen Firmen wie Continental oder den Stadtwerken bisher nicht festzustellen.

Linksfraktion zeigt Alternativen auf

Hinter dem Wortungetüm „antizyklische Haushaltspolitik“ verbirgt sich folgende Strategie: Die Einnahmen der Stadt in wirtschaftlich guten Zeiten erhöhen, um in wirtschaftlich schlechten Zeiten genügend Geld für notwendige Ausgaben zu haben. So forderte die Linksfraktion immer wieder, die Gewerbesteuer in Zeiten sprudelnder Unternehmensgewinne anzuheben. Außerdem sollen städtische Unternehmen, an denen die Stadt als Anteilseigner beteiligt ist, deutlich mehr Geld an die Stadtkasse abführen. Mit einer Bürgeranleihe könnte die Stadt 150 Millionen Euro einnehmen, um damit dringend benötigte Wohnungen mit langjähriger Mietpreisbindung zu bauen und städtische Gebäude energetisch zu sanieren. Gemeint sind eine bessere Wärmedämmung und der Einbau energiesparender neuer Heizkessel. Prestigeinvestitionen wie der Anbau beim Sprengel Museum und der Bau des Schlossmuseums in Herrenhausen sollten nach Auffassung der Linksfraktion unterbleiben. Das Mindeste sei eine straffe Ausgabenkontrolle, um Kostenexplosionen bei solchen Projekten in Zukunft zu vermeiden, fordert Nowak. In beiden Fällen muss die Stadt deutlich mehr berappen als ursprünglich geplant.

Energiewende / Stromautobahn nach Süden nicht erforderlich

Seit Monaten rennen Bürgerinitiativen im östlichen hannoverschen Umland Sturm gegen die Pläne, mit der SüdLink-Stromtrasse teuren Hochseewindstrom in den Süden der Republik zu transportieren. Es handelt sich um eine aufwendige Gleichstromtrasse mit über 70 Meter hohen Masten. Ohne diese Stromautobahn sei die Energiewende nicht machbar, heißt es unisono von Bundes- und Landespolitikern fast aller Parteien. Bürgerinitiativen sehen das anders. Sie fordern nicht nur, die geplante Starkstromleitung unter die Erde zu verlegen. Nicht wenige Initiativen wie der Umweltschutzverein in Isernhagen verlangen auch, die Stromautobahn generell zu stoppen und stattdessen auf eine regionalisierte Stromversorgung zu setzen. Das sei wegen der Fortschritte bei der Stromspeicher-Technologie möglich. Gemeint ist der Ausbau der erneuerbaren Energieträger vor Ort, vor allem in Süddeutschland, um so auch vom Preisdiktat der Stromkonzerne unabhängig zu werden.

Bürgermeister wehren sich

Für dieses Ziel kämpfen auch Bürgerinitiativen in anderen Bundesländern und bekommen dafür zum Teil Unterstützung von Kommunalpolitikern. Bürgermeister aus dem östlichen und südlichen Raum Kassel etwa haben sich zu einer besonderen Aktion entschlossen. In einer an die Landes- und Bundespolitik gerichteten Erklärung lehnen die Bürgermeister die geplante Stromautobahn aus Gründen des Schutzes des Landschaftsbildes und der Umwelt ab. Viele dezentrale Quellen der Energieerzeugung könnten ein solches Megaprojekt überflüssig machen, argumentieren die Bürgermeister. Sie fordern in ihrer Erklärung die schwarz-grüne hessische Landesregierung und die Bundesregierung auf, alternative Lösungen zu suchen und für entsprechende Rahmenbedingungen zu sorgen.

Antrag in die Regionsversammlung

LINKE & PIRATEN in der Regionsversammlung finden die Erklärung der Bürgermeister vielversprechend. Die Gruppe will deshalb einen entsprechenden Antrag in die Regionsversammlung einbringen, damit es eine solche Erklärung auch von Kommunalpolitikern aus der Region Hannover gibt. Gruppenvorsitzender Michael Fleischmann, der auch Ratsherr in Burgdorf ist, wird den Antrag auch in den Burgdorfer Rat einbringen. „Es ist nicht einzusehen, dass private Unternehmen solche Projekte planen und die Gewinne einstreichen, während die Allgemeinheit die negativen Konsequenzen einer monströsen Stromtrasse ausbaden soll“, kritisiert Fleischmann. Er hofft, dass der Antrag Erfolg hat.

SPD und Grüne beschließen höhere Fahrpreise

Die rot-grüne Mehrheit in der Regionsversammlung hat beschlossen, die Fahrpreise für Busse und Bahnen zum Jahreswechsel um durchschnittlich drei Prozent anzuheben. Unangetastet bleiben nur das Kurzstrecken- und Kinderticket sowie die Preise für Sozial- und Sammelfahrscheine. Einzelfahrscheine werden ab 1. Januar je nach Zone zwischen 10 und 20 Cent teurer, Tagestickets um 20 oder 30 Cent. Monatskarten kosten bis zu 3,70 Euro mehr. Gründe für die Preisanhebung sollen steigende Personal- und Energiekosten der Verkehrsunternehmen RegioBus und üstra sein. Mit diesen Argumenten heben SPD und Grüne die Tarife für die Öffis in der Region Hannover seit mehr als zehn Jahren kontinuierlich an – meist um zwei Prozentpunkte über der Inflationsrate. „So sind über die Jahre exorbitante Preissteigerungen zusammengekommen, die in überhaupt keinem Verhältnis mehr zur Lohn- und Einkommensentwicklung der Bevölkerung stehen“, kritisierte Michael Fleischmann, Vorsitzender der Gruppe LINKE & PIRATEN, im Verkehrsausschuss der Region. Er erinnerte daran, dass Arbeitnehmer im vergangenen Jahr weniger Geld im Portemonnaie hatten als zur Jahrtausendwende. Fleischmann bezog sich dabei auf Zahlen des WSI-Tarifarchivs der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Als Gründe nennt das Institut etwa den wachsenden Niedriglohnsektor, die Zunahme von Teilzeit- und Minijobs und die Flucht von immer mehr Unternehmen aus der Tarifbindung. „Immer mehr Menschen haben deshalb Probleme, die hohen Fahrpreise zu bezahlen“, schrieb Michael Fleischmann der rot-grünen Mehrheit ins Stammbuch.

Sozialticket teurer als Jobticket

Wie in den vergangenen Jahren werden Einzeltickets überproportional teurer. Das geht vor allem zu Lasten von Neu- und Gelegenheitskunden. „Das macht es schwer, Gelegenheitsfahrer und Neukunden als regelmäßige Kunden zu gewinnen“, mahnte Fleischmann. Er kritisierte auch, dass die MobilCard S, das Sozialticket als Monatsfahrschein, immer noch deutlich teurer ist als das Jobticket für die Regionsbeschäftigten und verlangte eine umgehende Preissenkung auf einheitlich 24 Euro. Dies ist der Hartz-IV-Regelsatz für Mobilität, der Arbeitslosen monatlich zur Verfügung steht. Bisher müssen Arbeitslose je nach Tarifzone zwischen 34,10 Euro und 59,40 Euro berappen. Die Regionsbeschäftigten zahlen fürs Jobticket derzeit zwischen 29 Euro und 49,40 Euro.

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