Klatsche fürs Ampelbündnis: Kleingärtner*innen dürfen vorerst ihre Parzellen behalten

Die Kleingartenkolonie Friedenau in Hainholz bleibt vorerst bestehen. Auslöser für die überraschende Wende im Streit um die 18 Gärten war der Wunsch der Ratsgruppe LINKE & PIRATEN, den Beschluss über die Kündigung der Parzellen zu vertagen. Ein taktischer Zug, um die Gärten zu retten. Die SPD hielt im Rat dagegen, wollte eine Entscheidung durchsetzen, bekam dafür aber keine Mehrheit. 30 Ratsleute stimmten dafür, dass die Kündigung behandelt wird, 30 Politiker*innen sahen keine Eile. Wegen des Patts war der Antrag abgelehnt. Rund 20 Kleingärtner*innen, die auf der Gästetribüne des Ratssaals Platz genommen hatten, spendeten tosenden Applaus. Sie wurden zuvor im Umweltausschuss von Phillip Kreisz (SPD) und dem mittlerweile aus dem Rat ausgeschiedenen Patrick Drenske (Grüne) als „unsoziales“ und „nicht solidarisches Volk“ bezeichnet, das nur die eigenen Interessen im Blick habe. Die Stadtverwaltung hätte den Laubenpieper*innen bis Anfang Februar 2019 kündigen müssen, damit die Parzellen bis Ende November geräumt werden.

Das Ampelbündnis plant, das Koloniegelände an der Schulenburger Landstraße als Gewerbegebiet zu vermarkten. „Die Stadt hat das Gelände wohl schon einem Unternehmen versprochen“, vermutet Wirtschaftspolitikerin Brigitte Falke (LINKE) „und will deshalb die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner unter allen Umständen loswerden.“ Dafür spricht, dass die Drucksache erneut in den Umweltausschuss kommen soll. Umwelt- und Wirtschaftsdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette (Grüne) und die Ampelpolitiker*innen hoffen dann auf eine Mehrheit für eine Kündigung der Parzellen im nächsten Jahr. Zumal es dort nach den Worten der Umweltdezernentin illegale Klärgruben gibt, die das Grundwasser verseuchen. „Das ist gelogen“, sagt Gruppenvize Bruno Adam Wolf (PIRATEN). „Die Stadt hat die Klärgruben bisher jedes Jahr geprüft und abgenommen. Bezahlen mussten das die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner“, stellt er klar.

Die Ratsgruppe kämpft vehement für den Erhalt der Gärten. Es handele sich um eine wichtige Frischluftschneise, argumentiert Umweltpolitiker Wolf, die nicht zugebaut werde dürfe. Er verweist auf die dicke Luft in Hannover. Die Landeshauptstadt hat es bis heute nicht geschafft, den EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft einzuhalten und sieht sich deshalb mit einer Klage der Deutschen Umwelthilfe konfrontiert.

Gruppenvorsitzender Dirk Machentanz (LINKE) benennt einen weiteren Aspekt. Nach dem 2. Weltkrieg habe man angesichts der zerbombten Stadt Menschen in Kleingartensiedlungen offiziell wohnen lassen. Das ist historisch gewachsen. So wohnt ein Ehepaar seit über 20 Jahren mit offizieller Postadresse in der Kolonie Friedenau, zahlt regelmäßig Grundsteuern, Gebühren für Müllabfuhr, Straßenreinigung, Strom und Wasser. Das Paar hat fast sein ganzes Vermögen in Kauf und regelmäßige Sanierung des Objektes gesteckt. Bei Kündigung stünden die nun 71-Jährigen auf der Straße. „Angesichts der heutigen großen Wohnungsnot sollte Wohnen in Kleingärten nicht nur geduldet, sondern legalisiert werden“, fordert Baupolitiker Machentanz.