„Sicherer Hafen“ – Mehr als eine Worthülse?

Auf Initiative der Gruppe LINKE & PIRATEN hatte der Rat im Februar 2019 nach fünfmonatigem Hin und Her die Landeshauptstadt Hannover zum Sicheren Hafen für Geflüchtete erklärt. Demzufolge soll die Stadt auch künftig Menschen helfen, die durch Krieg, Verfolgung und andere Notlagen ihre Heimat verlassen mussten und in Deutschland Zuflucht suchen. Um diese bisher folgenlos gebliebene Absichtserklärung mit Leben zu füllen, hatte PIRATEN-Ratsherr Bruno Adam Wolf im Namen der Ratsgruppe im Sommer 2019 einen Antrag in den Rat eingebracht. Danach soll geprüft werden, „welche Möglichkeiten der Stadtverwaltung zur Verfügung stehen, die zivile Seenotrettung im Mittelmeer konkret zu unterstützen“. Die Ratsgruppe könnte sich beispielsweise eine Unterstützung von eingetragenen Vereinen wie Jugend rettet e.V., Mission Lifeline e.V., Sea-Eye e.V. oder Sea-Watch e.V. vorstellen.

Während der Antrag im Jugendhilfeausschuss bei sieben Ja- und acht Nein-Stimmen nur knapp gescheitert war, erhielt er im Rat lediglich sechs Ja-Stimmen. 54 Kommunalpolitiker*innen lehnten den Prüfauftrag ab. „Ich habe wenig Verständnis dafür, dass sich eine breite Ratsmehrheit gegen unseren Antrag gestellt hat, bei dem es erstmal um nicht mehr als eine Prüfung der Möglichkeiten geht“, sagte Ratsfrau Brigitte Falke (LINKE) während der Debatte im Rat.

Besonders bemerkenswert war das Auftreten der GRÜNEN-Fraktion. Ihre Mitglieder stimmten geschlossen gegen den Antrag, obwohl ihre Partei allerorten den Eindruck erweckt, sie seien die Vorkämpfer*innen zur Unterstützung von Seenotrettungen im Mittelmeer. Im Rat äußerten sie sich nicht zur Sache, sondern beantragten stattdessen ein Ende der Debatte. Dies führte zu ungläubigem Staunen und Raunen auf der Ratstribüne, wo Seebrücke-Aktivist*innen Ende November 2019 die Debatte mitverfolgten.

Auch der neue Oberbürgermeister Belit Onay (GRÜNE) stimmte gegen den Antrag. Im Wahlkampf hatte er sich bezogen auf die Mittelmeer-Flüchtlinge noch für eine engagiertere Politik in Hannover ausgesprochen. „Oberbürgermeister Onay hat sich nach seiner Vereidigung im Rat als Brückenbauer bezeichnet. Ich hoffe, dass er diese Rolle künftig auch im Hinblick auf Aktivist*innen wie die von der Seebrücke einnimmt“, kommentierte Gruppen-Vize Bruno Adam Wolf (PIRATEN) die Ablehnung des von ihm initiierten Antrages.